Die Unsicherheit auf den Märkten bleibt bestehen

In der letzten Ausgabe habe ich die Auswirkungen des Endes des Gastransits durch die Ukraine erörtert und abschließend festgestellt, dass 2025 ein knappes Jahr ist, was das Gleichgewicht betrifft. Und wie haben sich die Märkte seither entwickelt?

Vieles hat sich geändert. Der unkonventionelle Verhandlungsstil der amerikanischen Vertretung hat auf allen Märkten für Chaos gesorgt. An den Aktien- und Rohstoffmärkten kam und kommt es zu großen Bewegungen. Die Entfesselung des Zollkriegs hat bereits zu einer allmählichen Abkühlung der Volkswirtschaften geführt. Am deutlichsten ist dies bei der Wirtschaftstätigkeit Chinas zu beobachten (Rückgang der Containerschifffahrt, Entlassungen, Produktionskürzungen). Dies geht natürlich mit einem Rückgang des Strom- und Gasverbrauchs einher, der sich stark auf die globalen Bilanzen auswirkt. Ein weiterer wichtiger Faktor waren die Äußerungen der Europäischen Union und der deutschen Politiker, dass es in diesem Jahr wahrscheinlich keine Unterstützung/Subventionen für Bunkerbetreiber geben wird. Diese Äußerungen führten zu einer Verhaltensänderung bei den großen Finanzakteuren, die gegen die deutsche Gesetzgebung wetteten, und bei den Pipelinebetreibern, die verpflichtet sind, Gas zu fördern, wenn es für den Markt nicht profitabel ist. Sie begannen daher, ihre gekauften Positionen zu verkaufen, was den Preis nach unten drückte (siehe Abbildung 1). Später kamen die Auswirkungen des Zollkriegs hinzu. Die chinesischen LNG-Importe gingen zurück und liegen unter dem Niveau des Vorjahres.

Abbildung 1. Entwicklung der Gaspreise für die Lieferung in Q03 2025

Die Aussetzung der extrem hohen Zölle hat bereits erste Auswirkungen gezeigt. Die Versandaufträge nehmen zu, was sich in einem Anstieg der Produktion in China und später in einem Anstieg des Verbrauchs von Primärrohstoffen niederschlagen wird. Außerdem steht der Sommer vor der Tür, was immer die Gefahr eines erhöhten Verbrauchs durch den Einsatz von Klimaanlagen mit sich bringt. Es ist daher zu erwarten, dass sich die Preise erholen und im Laufe des Sommers leicht ansteigen werden. Wenn die EU-Speicher zu mindestens 85-90 % gefüllt sind, werden die Preise für 2026 eher unter Druck stehen, da das LNG-Angebot, insbesondere aus den USA und Kanada, zwischen Ende des dritten Quartals 2025 und Anfang des ersten Quartals 2026 allmählich zunimmt. 2026 sollen weitere Projekte in Betrieb genommen werden.

Von Zeit zu Zeit wird über die mögliche Inbetriebnahme von Nord Stream II oder einen Transit über die UA diskutiert, aber es ist unrealistisch anzunehmen, dass es in diesem Jahr zu Gasflüssen kommen wird. Die EU arbeitet darauf hin, Europa bis 2027 vollständig vom russischen Gas abzuschneiden und bereitet sich auf ein "Verbot" neuer russischer Gasverträge nach Europa über andere Routen (Turkstream, LNG) vor. Ab 2026 wird Gas aus Russland nicht mehr benötigt. Das LNG-Angebot nimmt rasch zu, und die Preise werden ab 2026 weiter sinken. So liegt z. B. der Lieferpreis für 2028 um 24 % niedriger als für 2026.

Die Preise für Emissionszertifikate sind seit April gestiegen, und zwar erheblich. Dies ist zum Teil auf die Notwendigkeit zurückzuführen, Strom aus konventionellen Quellen zu erzeugen, da die Windenergie seit langem unterdurchschnittlich produziert. Darüber hinaus wurde über die Zusammenlegung der Emissionszertifikatsysteme der Europäischen Union und des Vereinigten Königreichs diskutiert. Die Finanzakteure brachten sich erneut in Stellung. Wir kennen bereits die endgültige Anzahl der Zertifikate im System für 2025-2026. Die schrittweise Entfernung von Zertifikaten aus dem System übt natürlich Druck auf den Preis aus, und die Finanzakteure wollen immer einen Schritt voraus sein. DieCO2-Preise dürften im Zeitrahmen bis 2027 ein Niveau von 90-100 €/MWh erreichen (sofern die Vorschriften nicht geändert werden).

Abbildung 2: Entwicklung der Preise für Emissionszertifikate

Die Strompreise sind der Entwicklung der Gas- und Emissionszertifikatspreise gefolgt (siehe Abbildung 3).

Schaubild 3: Entwicklung der Strompreise für 2026

Die Entwicklung des Ölpreises verlief sehr ähnlich: Er fiel zunächst auf 58 USD pro Barrel, als die USA pauschale Zölle ankündigten. Heute liegen wir bei 63 bis 66 USD pro Barrel. Das Nachfragewachstum hat sich verlangsamt, während die OPEC+ die Produktion wie geplant schrittweise erhöht. Eine andere Entwicklung ist in den USA zu beobachten, wo die Preise bereits zu niedrig sind und die Investitionen in neue Bohrungen rapide zurückgehen. Wir haben sogar schon die ersten Produktionsdrosselungen erlebt. Man könnte sagen, dass der Höhepunkt der US-Produktion in diesem Jahr bereits hinter uns liegt. Diese Kräfte stehen sich nun gegenüber. Wir sehen eine breitere Preisspanne von 60 bis 70 USD. Wenn die Zollwut nicht eingedämmt werden kann, werden die Preise unter 60 USD fallen, wenn einzelne Länder langsam in die Rezession abrutschen. Andernfalls dürfte es zu einem langsamen Anstieg auf 70 USD kommen. Wenn die Volkswirtschaften ein solides Wachstum aufweisen, dürften wir wieder über 70 USD steigen.

Dennoch ist dieses Jahr alles andere als einfach vorherzusagen. Das wirtschaftliche Umfeld und das Vertrauen zwischen den USA und dem Rest der Welt sind stark angespannt. Eine Vorhersage der Handlungen des derzeitigen US-Vertreters ist, sagen wir mal, "schwierig".

Martin Pich
Direktor der Abteilung Handel

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